Start Up For Your Rights!
Wirtschaftliche Macht ist politische Macht.
Darum brauchen wir eine Bürger:innenbewegung mit Businessplan.
Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören.“ Mit diesem Worten beschreibt Eckart von Hirschhausen sehr treffend das Dilemma von Menschen, die sich privat für eine ökologisch-soziale Transformation unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft engagieren.
Ganz ähnlich analysieren Nick Srnicek und Alex Williams in ihrem Buch „Die Zukunft erfinden“ die Situation von Antikriegsbündnissen, Umweltaktivisten und anderen Protestbewegungen: „Der Widerstand wächst schnell an, die Auseinandersetzungen mobilisieren Menschen in großer Zahl, doch schon bald verebben die Kämpfe, und an ihre Stelle tritt ein ums andere Mal ein Gefühl der Bedeutungslosigkeit, der Melancholie und der Niedergeschlagenheit.“ Ein ähnliches Schicksal scheint auch Fridays for Future vorbestimmt. Zwar wurde das Thema Klimakrise weltweit in die Schlagzeilen und in die Köpfe gebracht, aber letztendlich führte es kaum zu strukturellen Veränderungen. Mittlerweile sind die Demonstrationen von FFF nur noch Randnotizen im täglichen Nachrichtenstrom.
Aber auch wer hauptberuflich bei einer NGO die UN-Nachhaltigkeitsziele verfolgt, hat es nicht einfacher. Denn die Zahl und der politische Einfluss von Wirtschaftslobbyisten ist um ein Vielfaches größer. In den USA kamen im Jahr 2012 auf jeden Dollar, den die Gewerkschaften für Lobbyarbeit ausgaben, 56 Dollar von der Unternehmerseite. Bei der Weltklimakonferenz in Dubai waren mindestens 2.456 Lobbyisten aus der Fossilindustrie registriert. Zudem belegen zahlreichen Studien, dass politische Entscheidungen sich primär an den Interessen der ökonomischen Elite orientieren.
Wirtschaftliche Macht ist heute der entscheidende Faktor, um politisch etwas zu bewegen. Deshalb brauchen wir eine neue Form der Bürger:innen bewegung. Eine Bürger:innenbewegung mit Businessplan!
Start-ups brauchen Millionen. Und das sind wir ja auch.
Laut einer Bertelsmann-Studie von 2015, die auch Christian Felber in seinem Buch „Gemeinwohlökonomie“ zitiert, sind 88% der Deutschen unzufrieden mit dem Wirtschaftssystem. Sie ärgern sich über die ungerechte Einkommens- und Vermögensverteilung. Sie sind frustriert wegen eines aufgeblähten Finanzsystems und der Macht großer Konzerne. Sie wünschen sich mehr Gerechtigkeit, mehr Transparenz und vor allem mehr Nachhaltigkeit. Entsprechend geht die Zahl der Mitglieder und Unterstützer:innen von Gewerkschaften, Verbänden, Organisationen und Bewegungen, die sich für eine ökologisch-soziale Transformation einsetzen, in die Millionen. Das „Humankapital“ für eine Bürger:innenbewegung mit Businessplan ist also vorhanden. Und das Beste ist: Die Umsetzung erfordert weder persönlich noch finanziell großen Einsatz.
Wie dies gelingen kann? Genau auf dem Gebiet, wo heute die wertvollsten und mächtigsten Unternehmen der Welt tätig sind – in der Plattformökonomie! Nirgends lässt sich mich mit relativ kleinen Investitionen so viel erreichen wie hier. Es werden keine Lagerhallen voller Produkte, keine Bürogebäude, keine Fahrzeuge und keine Maschinen benötigt. Es bedarf nur eines kleinen kompetenten Teams mit Computern, Servern und einer schnellen Internetverbindung. Als Instagram von Facebook für 1 Mrd. Dollar gekauft wurde, arbeiteten dort nur 17 Menschen. Und selbst bei Google beschäftigen sich bis heute nur rund 20 Programmierer:innen mit dem Herzstück des Unternehmens – dem Suchalgorithmus. Während Alphabet, Apple, Amazon, Meta und Microsoft sowie ihre chinesischen Konkurrenten Tencent, Baidu und Alibaba jedoch für Steuervermeidung, Überwachung und Monopolismus stehen, erschaffen wir stattdessen gemeinwohlorientierte OnlinePlattformen – ökologisch, sozial und im Verantwortungseigentum.
Der Beweis, dass gemeinwohlorientierte Online-Plattformen wirtschaftlich erfolgreich sein können, ist die grüne Suchmaschine ECOSIA. Sehr klein im Vergleich zu Google, aber mit ihrer Hilfe wurden mittlerweile rund 190 Mio. Bäume gepflanzt. Doch was wäre möglich mit einer Bewegung von Hunderttausenden oder sogar Millionen Menschen? Was wäre, wenn die mediale Aufmerksamkeit für FFF sich in ähnlicher Größe auf ein gemeinwohlorientiertes Start-up konzentriert hätte? Der Wert einer solchen „Werbung“ dürfte sich auf Milliarden belaufen.
Mindestens genauso wertvoll wäre das Narrativ, das durch eine solche Erfolgsgeschichte entstünde. Wir könnten den Menschen zeigen, dass ein anderes Wirtschaften möglich ist. Dafür müssten nicht mal neue Geschäftsmodelle entwickelt werden. Warum nicht eine nachhaltige Alternative zu Immobilienscout24 oder Stepstone gründen? Ecosia hat ebenfalls ein bewährtes Konzept übernommen. So könnte eine „Business-NGO“ entstehen, die nur am Anfang Spenden braucht und sich dann selbst finanziert, um immer mehr gemeinwohlorientiert Startups zu gründen. Und je größer die wirtschaftliche Macht desto größer der Einfluss auf Politik und Gesellschaft.
Für diese Form der Bürger*innenbewegung bräuchten wir nicht mal auf die Straße gehen, sondern könnten sie ganz bequem vom Sofa aus unterstützen – einfach klicken, liken oder sharen. Wer würde da nicht mitmachen? Ich wäre dabei!
Die wichtigsten Argumente und Ziele nochmal im Überblick:
1. Wirtschaftliche Macht bedeutet politische Macht. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Warum dann nicht mal einen neuen Weg gehen, um politisch etwas zu ändern?
2. Es gibt so viele tolle NGO und alle wollen mein Geld und meine Zeit. Geld und Zeit reichen jedoch kaum für meine Familie, meinen Verein, meine Nachbarschaft und für mich.
3. Deshalb brauchen wir eine NGO mit Businessplan, die nicht nur sich selbst finanziert, sondern auch wirtschaftliche Macht entwickelt.
4. Der beste Weg, um in heutiger Zeit wirtschaftliche Macht zu entwickeln, ist die Plattformökonomie. Hier lassen sich Unternehmen mit vergleichsweise wenig Aufwand gründen und trotzdem in kurzer Zeit große wirtschaftlicher Erfolge erzielen. Die Unterstützer*innen müssten nur klicken, liken und sharen.
5. Außerdem: Wer wünscht sich nicht einen gemeinwohlorientierten Gegenpol zu den dominanten Plattformunternehmen aus USA und China? Dies wäre ein möglicher Weg.
6. Es würde ein ganz neues Narrativ für unternehmerisches Handeln entstehen: Faire Gehälter, nachhaltiges Wirtschaften, kooperatives Miteinander und Verantwortungseigentum sowie Steuern, die dort gezahlt werden, wo der Gewinn erzielt wird.
7. Last but not least: Die Welt könnte aktuell wirklich ein leuchtendes Beispiel für respektvolle, internationale Zusammenarbeit gebrauchen, die das Potenzial hat, ein neues Gemeinschaftsgefühl entstehen zu lassen.